“Eigentlich nervt es, dass ich so schnell komme” Elina, 35
Ich habe erst angefangen zu masturbieren, nachdem ich schon partnerschaftlichen Sex hatte. So richtig erinnere ich mich nicht mehr wann das war, aber so ungefähr mit 17 Jahren, nach meinem ersten Freund. Davor hatte ich gar nicht das Bedürfnis oder wäre auch nicht auf die Idee gekommen. Meine Lust auf Sex war nicht besonders stark. Ich hatte mit 15 Jahren begonnen die Pille zu nehmen und sie mit Ausnahme von kleineren Pausen genommen bis ich 29 Jahre alt war. Immer, wenn ich die Pille absetzte, hatte ich wesentlich mehr Lust auf Sex, auch auf Solosex.
Bis ich ungefähr 30 Jahre alt war, war ich sexuell nicht sehr interessiert. Es war schon schön, aber es war mir nicht so wichtig und ich hatte keine Lust viel Neues auszuprobieren. Deshalb habe ich bis dahin auch nicht sehr viel masturbiert.
Eine Tantra-Lehrerin sagte, dass eigentlich das Nervensystem nur besseren Sex haben kann, wenn man nicht gestresst ist
Jetzt ohne Pille, masturbiere ich mehr. Bis vor kurzem, habe ich Masturbation meist als Stressabbau genutzt. Das sehe ich jetzt aber irgendwie negativ, weil mir eine Tantra-Lehrerin sagte, dass eigentlich das Nervensystem nur besseren Sex haben kann, wenn man nicht gestresst ist. Nur im stressfreien Rahmen kann die sexuelle Energie richtig durch den Körper fließen. Irgendwie finde ich diese Wertung auch schon wieder doof. Vielleicht ist es so, aber dieses Urteilen baut auch wieder Stress auf. Ich hatte also öfter ein schlechtes Gewissen, wenn ich einfach mal schnell einen Orgasmus durch Solosex haben wollte. Oder auch wenn ich Fantasien nutze wie Dominanz-Fantasien oder Sex mit meinem Chef oder Oralsex mit Frauen oder Sex mit einem schwarzen Mann. Da kamen dann Gedanken wie “die Fantasie ist schlecht”, “beim Tantra-Sex soll man ja eigentlich ins Spüren kommen”, oder “das ist jetzt nicht spirituell genug”. Ich habe auch schon mit Pornos masturbiert. Das hat mich zwar schnell erregt. Ich habe dann allerdings für mich beschlossen, dass mir das nicht gut tut, weil dieser Solosex so unverbindlich ist. Verbundenheit, also eine liebevolle Haltung - ob mir selbst gegenüber oder zu einem Partner - ist mir beim Sex sehr wichtig.
Vielleicht bin ich noch nicht dort angelangt, wo Tantra mich haben möchte, aber deswegen ist es ja trotzdem ok, solange es mir gut tut.
Ich versuche jetzt von dem vielen Urteilen wegzukommen und (Solo-)Sex nicht in gut oder schlecht einzuordnen. Kann ja sein, dass diese Praxis nicht spirituell ist, aber ich sehe meine Sexualität als Entwicklung. Ich bin auf einem Weg und vielleicht bin ich noch nicht dort angelangt, wo Tantra mich haben möchte, aber deswegen ist es ja trotzdem ok, solange es mir gut tut.
Ich bin derzeit Single und habe so 3-4 mal Solosex in der Woche, manchmal abends aber dank Homeoffice auch mal am Tage, entweder auf der Couch oder im Bett. Ich habe noch nie einen Vibrator oder Dildo genutzt. Ein paar mal habe ich einen Kristall-Dildo genutzt. Der ist aber ganz schön breit und kalt und ich kann ihn nur einführen, wenn ich wirklich offen und entspannt bin. Der soll angeblich den Muttermund stimulieren und zu einem Cervix-Orgasmus verhelfen. Aber das hatte ich noch nicht.
Bei der Masturbation ist mir der Orgasmus sogar wichtiger als beim partnerschaftlichen Sex
Ich habe seltsamerweise Hemmungen, meine eigenen Finger einzuführen. Mein Frauenarzt hat mich schon gefragt, ob ich noch Jungfrau bin, weil ich so verkrampfe. Eine Sexualtherapeutin meinte zu mir, dass müsse man üben. Sie hat mir ein Übung aufgegeben, öfter mal an der G-Fläche entlang zu streichen, aber um ehrlich zu sein, bin ich zu faul um zu üben - obwohl ich schon mal gerne einen vaginalen Orgasmus hätte.
Zum Orgasmus komme ich beim Solosex immer. Bei der Masturbation ist mir der Orgasmus sogar wichtiger als beim partnerschaftlichen Sex, weil mir mit einem Partner viele andere Dinge noch wichtig sind. Meist masturbiere ich mich mit meinen Fingern. Ich liege dann nackt oder auch angezogen auf dem Rücken, den Oberkörper etwas erhöht. Ich lege den Mittelfinger auf die Klitoris und kann - wenn ich das möchte - mit schnellen kreisenden Bewegungen in einer Minute zum Höhepunkt kommen. Eigentlich schäme ich mich dafür, weil in Tantra-Kreisen gesagt wird, dass es doof ist, solche schnellen kurzen Orgasmen zu haben. Was mir auffällt ist, wenn meine Blase gefüllt ist, habe ich mehr Lust, mich zu masturbieren und dann komme ich sehr schnell. Eigentlich nervt mich das, denn dann komme ich super schnell und ich würde gerne mehr ins Genießen kommen.
Aus dem Tantra habe ich gelernt, während der Masturbation durch den Mund tief ein und aus zu atmen
In letzter Zeit versuche ich, den Höhepunkt hinauszudehnen, indem ich vor dem Orgasmus wieder langsamer werde oder meine Klitoris-Perle nicht direkt zu stimulieren. Ich streiche dann z.B. mit der flachen Hand vom Po zur Klitoris hoch oder mache die “Tour de France” indem ich um meine Vulvalippen herumkreise. Das habe ich auf einem Seminar gelernt und es hat tatsächlich geholfen, meine Solosex Erfahrungen intensiver zu machen. Ich beziehe auch gerne meine Brüste ein. Aus dem Tantra habe ich gelernt, während der Masturbation durch den Mund tief ein und aus zu atmen und einen tantrischen Kreis zu schaffen: also mir vorzustellen, dass die Energie vom Damm über den Po bis zum Scheitel hochwandert und beim Ausatmen über die Brüste zur Klitoris wieder runter. Ob das jetzt wissenschaftlich ist oder nicht, auf alle Fälle spüre ich meinen Körper so intensiver. Das gleiche trifft für “Wackeln” der Beine und Arme zu. Meine Füße sind dabei aufgestellt und meine Knie bewegen sich recht schnell wie ein Schmetterling nach innen und nach außen. Wenn ich das zulasse, verstärkt es die Erfahrung und wird manchmal sogar so stark, dass ich wieder abbreche.
Solosex ist für mich manchmal noch Spannungsabbau aber mehr und mehr wird es ein Ganz-Körper-Erlebnis für mich selbst.