“Ich empfand mich als Spätzünder” Julia, 36

Was war ich beschämt, dass meine Brüste und auch der Rest meines Körpers nicht so aussahen

Mein Körperbild prägten vor allem die Printmedien. Neben der Bravo fand ich mit einer Nachbarstochter irgendwann einen Playboy, der meiner Aufklärung zu den verschiedenen Körpern diente und lange mein Bild eines Frauenkörpers prägte. Was war ich beschämt, dass meine Brüste und auch der Rest meines Körpers nicht so aussahen, und das obwohl ich mich in ihm doch wirklich richtig wohlfühlte. Doch die Bilder suggerierten mir, dass mein Körper nicht „richtig“ war.

Mit 19 lernte ich meinen ersten richtigen Freund kennen. Davor war ich das Mädchen mit kleinen Brüsten, was stets der beste Kumpel der heimlichen Liebe war. 

Ich versuchte in weiteren Pornos herauszufinden was ich tun musste

Ich empfand mich als Spätzünder, fühlte mich enorm unter Druck gesetzt und erneut ausgeschlossen aus der Mädchengesellschaft, die bereits sexuelle Erfahrungen sammeln durfte und sich darüber zum Beispiel in der Sportumkleide rege austauschten. 

In Bezug auf mein erstes Mal war ich nicht vorbereitet. Alles was ich wusste war aus der Bravo und einem 80er Jahre Porno. Ich wusste nicht was zu tun ist und schämte mich auch hier. Ich versuchte in weiteren Pornos herauszufinden was ich tun musste und vor allem wann. 

Fakt war ab dem ersten Mal bestimmten bei mir die Männer, wann und wie es Sex geben sollte. Sie bemängelten, dass ich zu wenig von mir heraus gab. Sie bemängelten, dass ich nicht mit dem Sex begann. Und waren irritiert, warum ich nicht kam wie die Frauen in all den Pornos. Manchmal versuchte ich es dann zu inszenieren - doch was Libido heisst und wie sich diese anfühlt weiss ich erst seitdem ich die Pille abgesetzt habe.

Doch daran setzte direkt eine Schwangerschaft mit 30 Jahren an - und diese stellte meine Hormone, mein Leben und damit auch mein Körpergefühl und den Sex das erste Mal so richtig auf den Kopf. 

Ohne künstliche Hormone lebe ich nun seit 4 Jahren 

Mit 36 Jahren habe ich dann durch Zufall einen Online-Zyklusworkshop gemacht. Ich wusste ja noch immer nicht mehr als in meiner Jugend trotz Sexleben und Kind - und nun habe ich ein Wissen was mich so tief berührt und bereichert. Ein Wissen über den körperlichen sowie emotionalen weiblichen Zyklus und auch dem Austausch mit anderen Frauen. 

Ohne künstliche Hormone lebe ich nun seit 4 Jahren und mit dem Wissen aus dem Workshop und täglichen Zyklusaufzeichnungen kann ich mich und meinen Körper das erste Mal verstehen. 

Ich liebe den offenen Austausch über all das. 

Ich bin traurig, dass nicht jedes Mädchen und sogar auch jeder Junge dieses Wissen erhält. Es sollte ein Schulfach sein. Wann und warum sind uns Frauen - und Männerkreise abhanden gekommen, um uns dieses wichtige Wissen an die Hand zu geben? 

Ich habe hunderte Euros nach dem Workshop noch investiert für weitere Literatur, Workshops und Frauenkreise, da ich nicht satt zu werden scheine an Wissen und dem Gemeinschaftsgefühl, was ich nun ohne Scham erstmals erfahren darf. Ich liebe den offenen Austausch über all das. 

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